
Wie in der letzten Sitzung des Rechtsauschusses im Abgeordnetenhaus bekannt wurde, hat die Senatsverwaltung für Justiz für die Justizvollzugsanstalten bisher keine Personalbedarfsberechnung vorgenommen und auch keinen realistischen Personalschlüssel (Zahl der Beschäftigten pro Inhaftierte) in den einzelnen Berufsgruppen entwickelt. Die Vertreter/innen des Gesamtpersonalrates der Berliner Justiz waren als Sachverständige geladen und bestätigten zusätzlich die dramatischen Personalabgänge, die der BSBD Berlin bereits seit langer Zeit kritisiert.
Zwar wurden in den letzten Jahren Lehrgänge ausgebildet und übernommen, allerdings waren die zum größten Teil für die neue JVA Heidering vorgesehen. Nach der Vereinbarung zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz muss die Anstalt (218 Bedienstete), nun komplett aus dem vorhandenen Personalbestand besetzt werden. Bis zum Jahr 2020 werden von den ca. 2700 Beschäftigten im Justizvollzug, 660 regulär in den Ruhestand gehen. Von diesen Abgängen sind alle Berufsgruppen betroffen. Gleichzeitig kann der BSBD keinen Rückgang der Gefangenenzahlen feststellen. Die Anstalten sind derzeit zwischen 93 und 98 % ausgelastet. Das ist eine volle Auslastung, weil kein Platz für notwendige Trennungen von Inhaftierten mehr möglich ist. Das umfasst auch die Anstalt des offenen Vollzuges, die bereits jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen ist. Die absolute Überbelegung, bei mehr als 5000 Inhaftierten vor ca. 5 Jahren, war kein Maßstab und hat die Anstalten an den Rand des Kollaps gebracht.
Nach Informationen des BSBD wird die JVA Tegel einen zweimonatigen Aufnahmestopp verhängen. Der bereits geschlossene Standort der JVA Plötzensee (Lehrter Straße) wurde nun wieder eröffnet, um dem Belegungsdruck her zu werden. Der BSBD befürchtet, dass durch die notwendigen Baumaßnahmen der Druck, auch nach der Eröffnung der JVA Heidering im April, nicht abnimmt. Sollte die Zahl der Inhaftierten wieder deutlich steigen, steht der Berliner Justizvollzug vor der Überbelegung. Bei einem jährlichen Einwohnerzuwachs von bis zu 50.000 Menschen in Berlin wohl nur eine Frage der Zeit.
Dass der Senat ernsthaft einen weiteren Personalabbau (auch inzwischen gegen den Widerstand der Behördenleiter) durchsetzen will, ist für den BSBD Berlin anhand dieser Fakten nicht nachvollziehbar und macht die Politik unglaubwürdig.
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Einkommenstabellen: Andreas Hermsdorf / pixelio.de